Teenage Love – Katie Gregson-MacLeod und ihr Umgang mit Wut

Als zu emotional bezeichnet werden, vielleicht sogar als hysterisch – kennen die meisten Frauen und weiblich gelesenen Menschen. Auf der Arbeit, in Freundschaften, in romantischen Beziehungen.

Meistens unangebracht, immer ziemlich scheiße und klischeehaft. Kein Wunder also, dass viele versuchen, diesen Part von sich, der auch mal ganz schön sauer ist, zu unterdrücken.

So auch die schottische Singer-Songwriterin Katie Gregson-MacLeod. In ihrer neuen Single „Teenage Love“ versucht sie aber, diesem Teil von sich Raum zu geben. Mit einem Snippet ihres Songs „complex“ hat sie sich 2022 auf TikTok praktisch über Nacht einen Platz in den Herzen aller Fans von Indie-Künstler:innen wie Phoebe Bridgers, Lucy Dacus oder Clairo gesichert hat. Positives Feedback bekam sie unter anderem von Größen wie Gracie Abrams.

Foto: Megan Henderson

In „complex“ – ich persönlich finde ja die unpolierte Demoversion noch viel besser als die Studioversion – geht es um eine unglückliche Beziehung, die eigentlich schon vorüber ist. Es geht um das an Strohhalmen festhalten, um das Zurückstellen eigener Bedürfnisse des Friedens willen, und darum, trotz allem als cool girl und als „good wife“ zu gelten. Obwohl es genug Beweise für das Gegenteil gibt, sucht Gregson-MacLeod die Fehler bei sich. Den „complex“ sieht sie bei sich selber.

Der Song überzeugt vor allem durch seinen schlichten, aber viel zu treffenden Text. Besonders zu der Zeile „I cry in his bathroom, he turns off the big light“ habe ich schon zahllose TikToks gesehen, weil damit echt zu viele Menschen relaten können, gerade Frauen in heterosexuellen Beziehungen. Instrumental und Produktion sind sehr reduziert und geben den Vocals genug Raum. Mehr braucht es auch nicht.

„Teenage Love“ baut die Wut, die in „complex“ nur angeschnitten wird und sich eher als Trauer zeigt, weiter aus. MacLeod hadert damit, eben nicht das „cool girl“ zu sein, nicht einfach zu vergeben und nonchalant zu sein, nicht über den Dingen zu stehen. Vielleicht eben auch, um nicht als überemotional abgestempelt zu werden. Sie hadert mit ihrer Wut, besonders weil sie nicht selbst für das Gefühl verantwortlich ist.

You took time that wasn‘t yours to engineered an enemy from someone who adored you

Während sie sich nun trotzdem immer noch damit herumschlagen muss, ist der Ex-Partner schon längst dabei, mit ihren Freundinnen in irgendwelchen Bars zu knutschen. Sie ist sauer, dass ihr von einem viel älteren Partner so viel weggenommen wurde, allem voran Zeit.

I hate the thought I could‘ve died with you

Im Laufe von Prechorus und Chorus steigert sie sich immer mehr in das Gefühl der Wut hinein. Die Refrains enden dabei immer in einer Auflösung der Spannung und Einsicht, dass es eben (nur) „Teenage Love“ war. Auch das Instrumental geht durch die Drums ein bisschen mehr nach vorn als das von „complex“.

Call it what it was
It was teenage love
If only for one of us

Im Outro wird gar nichts aufgelöst. Zwischen den Zeilen bleibt kaum Zeit zum Luftholen. Es gibt Stellen, die mit einem Augenzwinkern zu betrachten sind, zum Beispiel den Kommentar über die „hairline“ – wir haben alle schon einem balding man zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, oder?

Letztendlich ist der Zorn deswegen aber nicht weg. Und das ärgert am allermeisten, egal ob dieser Ärger dabei einen Mann als Ziel hat, das Patriarchat als Ganzes oder sonst irgendetwas.

Vielleicht kommen wir ja mit Katie-Gregson MacLeod ein bisschen weg vom reinen Sad-Girl-Indie (hat natürlich auch seine Daseinsberechtigung und mag ich auch ausgesprochen gern!) und mehr hin zum Angry-Girl-Indie.

Denn Trauer lähmt, Wut dagegen – ein Gefühl, das Frauen oft überhaupt nicht zugestanden wird gilt – treibt zum Handeln an.

Fänd’ ich ja super.

Beitragsbild: Megan Henderson

Text: Joline Weniger