Zwangsgedanken, die Frage welchen Wert wir noch haben, wenn wir alle bald durch künstliche Intelligenz ersetzt werden und die verschiedenen Facetten des Tods. Dies und mehr zeigen Heart Attack Man gebündelt in 12 Songs auf ihrem neuen Album Joyride The Pale Horse.


(c) Heart Attack Man
Die Punk Rock Band aus Ohio fand ihre Anfänge 2013. Durch eine Demo EP von Sänger Eric Egan fand die Musik schnell Ansehen in der örtlichen Szene. Heute wird das Trio durch Ty Sickels an der Gitarre und Adam Paduch am Schlagzeug vervollständigt. Seit Heart Attack Mans erstem Release Acid Rain 2014 hat sich musikalisch viel getan und heute hat die Band ihren eigenen, einzigartigen Sound gefunden. Irgendwo zwischen Pop Punk und Alternative Rock sind sie die perfekte Mischung. Mittlerweile zählen einige Singles, vier Studio Alben und ein Live Album zu Heart Attack Mans Diskografie.
Mit der Veröffentlichung der Singles Laughing Without Smiling, Spit und zuletzt The Gallows bekamen die Zuhörer*innen einen Vorgeschmack für die knapp 30 Minuten des Albums. Seit dem 25. April 2025 ist Joyride The Pale Horse endlich in voller Länge hörbar.
Das Album startet mit dem möglichen Ende eines Konzerts. Inspiriert von den „Zugabe“-Rufen der Fans bekommt der Song seinen Titel. One More Song (Imposter Syndrome) befasst sich mit der Angst nach diesem Song, nie mehr einen guten Text schreiben zu können.
„What if this is it, and it’s over?“
Das Leben könnte jederzeit vorbei sein, jeder Song könnte somit der letzte sein.
Das Thema „Tod“ zieht sich durch das ganze Album und zeigt sich somit auch in End Of The Gun. Eine Hommage an das 2023 veröffentlichte Album Freak Of Nature, welches sich mit Waffengewalt beschäftigt. Es ist voll mit Referenzen zu Schusswaffen, wie zum Beispiel in Like A Kennedy, dieser Song thematisiert den Mord an John F Kennedy.
End Of The Gun ist der einzige Song auf dem neuen Album, in dem explizit die Verwendung von Schusswaffen erwähnt wird.
„The light readjusted my eyes and my bones were re-broken“
In einem Interview mit Rocksound redet Egan von einer privaten Streitigkeit, von welcher der Song handelt. Er sagt, dass man aus solchen Situationen lernt und manchmal das einzige, dass man machen kann, ist sich bewusst zu werden, dass man falsch lag. Er gibt selbst zu, dass er kein fehlerloser Mensch ist.
Mit Spit erreichen Heart Attack Man auf direkte Weise eine Art der Gesellschaftskritik. In Zeiten, in denen KI-Technologien scheinen die Welt zu übernehmen, stellt man sich, besonders als Künstler*in die Frage, welchen Wert man selbst und seine Kunst noch hat.
„No one will ever know the difference / Much less, even give a damn“
Besonders die ältere Generation hat Schwierigkeiten KI generierte Bilder zu erkennen, die Erschaffer reden davon, Kunst erreichbarer zu machen, wobei Kunst doch nie unerreichbar.
„We’ve decided that you’re no longer needed“
Große Firmen setzten vermehrt für ihre Werbung auf generierte Bilder, anstatt Designer*innen zu bezahlen. Diese verlieren Jobs in Unternehmen und Personen, die in der kreativen Industrie tätig sind, haben Angst um ihre Zukunft.
Heart Attack Man beschreiben dieses Phänomen als „Spit[ting] in the face of humanity“.
Im nächsten Song verarbeitet Egan den Tod einen Kindheitsfreunds. Er sagt, dass der Tod leider mehr oder weniger voraussehbar war und in Lay Down And Die, stellt der Musiker seinem verstorbenen Freund die Frage, was ihn womöglich abgehalten hätte sich einfach hinzulegen und zu sterben. Jedoch möchte er auf diese Frage keine Antwort finden.
„Hold my breath and hope I don’t find what is that made you fine with giving up“
Eine weitere Single gab, gemeinsam mit Spit, vor der Veröffentlichung des Albums einen guten Vorgeschmack auf den Sound. Laughing Without Smiling, ein Song, der einen zum Weitermachen motiviert, auch wenn die Zeiten schwer sind.
„Clocked in but you’re not really here / Clocked out on another year“
Heart Attack Man spielen mit dem endlosen Zyklus des Arbeitsalltags. Jeden Tag kommt und geht man zur Arbeit, nach einer Weile verfällt man durch die Routine in einen Art Trance, indem man mental abwesend ist.
„You showed up but you don’t really care“
Die schönen Momente im Leben werden uninteressant, wenn man durchgehend in dieser Endlosschleife der Unzufriedenheit gefangen ist.
Im Musikvideo wird zwischen hektischen Nahaufnahmen der Musiker und ruhigen, langsamen Aufnahmen von Pferden gewechselt. Verbunden werden dieses Chaos und die Ruhe durch Slow-Motion Aufnahmen von fallenden Pferdefiguren, die am Boden zerbrechen. Thematisch wie auch farblich gibt das Musikvideo das Albumcover wieder. Zusehen ist ein Haufen mit Hufeisen auf einem violetten Untergrund, verziert mit Albumtitel und Bandname in Orange.
Mit Call Of The Void haben wir die Mitte des Albums erreicht. Wer kennt es nicht, beim Autofahren plötzliche Gedanken mit dem Auto von der Straße abzukommen und quer übers Feld zu brettern. Diese Art der Gedanken werden auch „Call Of The Void“ genannt, sie sind meist harmlos, da Betroffene diese Gedanken nicht in die Wirklichkeit umsetzen.
„Alone with my imagination / I don’t know if I’m just paranoid“
Kurz und schnell, passend zum Titel: Can’t Slow Down. Das Leben als Musiker besteht zu einem großen Teil aus Touren. Man ist weg von seinen Geliebten und die Angst davor wichtige Ereignisse zu verpassen verfolgen Heart Attack Man in diesem Song.
„I’ve been swallowing a fear that’s never ending“
Auch dieser Song greift das Thema Tod auf. Egan singt von Verlustängsten und der Gewissheit, dass jedes Mal das letzte sein könnte, dass man eine Person sieht.
Der innere Monolog von Call Of The Void wird in One Good Reason weitergetragen. Statt um Zwangsgedanken, geht es in diesem Song um soziale Ängste.
„Another night of small-talking off my ears“
Egan stellt sich selbst die Frage: Wäre es schlimm, wenn er jetzt einfach geht, ohne sich zu verabschieden? Personen halten ihn in Gesprächen fest, obwohl er lieber nachhause gehen würde.
„Give me one good reason why I shouldn’t leave yet“

Heart Attack Man: Adam Paduch, Eric Egan und Ty Sickels (c) Heart Attack Man
Mit dem Thema Tod kommt die Frage, was danach passiert. Hinter einem Schleier aus Kritik an sich selbst, befasst sich die Band in I’ll See You There mit dem Konzept der Hölle. Egan gibt zu, wie auch in End Of The Gun, dass er kein perfekter Mensch ist und geht davon aus in der Hölle zu landen, wenn diese existiert.
„The greatest story ever told / But it was fiction“
Der Künstler gibt sich selbst den Namen „Mr Perfekt From A Distance“ und versucht somit das erschaffene, perfekte Bild von sich selbst zu zerstören. Durch seine Taten, die er nicht explizit erwähnt, hat er seine Chancen in den Himmel zukommen kaputt gemacht und bereitet sich darauf vor in der Hölle zu landen.
„If I die and there’s fire on the other side / I’ll see you there“
The Gallows erinnert inhaltlich an den ersten Song auf Freak Of Nature. Practice In The Mirror hieß die Zuhörer*innen willkommen, nimmt war, dass deren Leben nicht immer leicht war und spricht Mut zu, so machen es Heart Attack Man erneut in The Gallows.
„Never thought you’d make it to the ending / […] You made it“
Zwischen all den melancholischen und eher negativen Gedanken erhellt dieser Track die Stimmung. Die Band nehmen hier die Perspektive der anderen Seite der Schwierigkeiten ein. Sie sagen wie weit man trotz der Hindernisse gekommen ist und vermitteln dien Hörer*innen, dass jeder bei ihnen willkommen ist.
Weiter geht es mit dem kompletten Gegenteil. Quit While I’m Still Ahead geht Hand in Hand mit One More Song, nur statt der Angst vor dem letzten Song spielt Egan hier mit dem Gedanken aufzuhören, wenn es am besten ist.
„Feeling lucky that I’m so cursed“
Egan erzählt Rocksound, dass die Inspiration für den Song von einer Geschichte kam, bei der ein Mann sich das Leben nahm, weil er wunschlos glücklich war. Er wusste, dass sein Leben ab diesem Punkt, nicht mehr besser werden könnte. Dass dieser Song nicht der letzte auf dem Album ist, bricht diesen Gedankengang. Heart Attack Man geben nicht auf, sondern machen weiter.
Das Ende macht der Titelsong, Joyride The Pale Horse. Der Song fasst die Themen des Albums zusammen und befasst sich erneut mit dem Tod.
Er beginnt mit Egans Abschied von den Hörer*innen, er bedankt sich, dass sie gekommen sind und sagt, es sei jetzt Zeit für ihn zu gehen. Jedoch wird es kein Wiedersehen geben, erst in einem anderen Leben.
„Tell everyone I’m sorry for suddenly departing / I know it’s not my style / Going out kicked from under like a habit“
Trotz der schweren Thematik haben Heart Attack Man das Thema Tod hervorragend umgesetzt. Die verschiedenen Blickwinkel ohne die Zuhörer*innen zu sehr zu belasten sind erfrischend und durch die starken Gitarrenriffs würde man am liebsten direkt ins Moshpit springen; Dies ist zum Glück bald möglich. Momentan befindet sich das Trio auf Tour in den USA und Kanada, im Herbst kommen sie in die UK und nach Europa. Unter anderem spielen sie Konzerte in Köln, Hamburg und Berlin. I’ll See You There!
Titelbild: Sam Skapin