Und auf einmal sind wir in München. Fast 800 Kilometer entfernt von meinen eigenen vier Wänden und trotzdem fühle ich mich nicht fremd – denn in ein paar Stunden steht die Band auf der Bühne, bei der ich mich genauso wohl fühle wie in meinem eigenen Bett und die sich Blackout Problems nennt. Die am 30. Juli 2019 im Münchener Backstage Heimspiel und das einzige wirkliche Konzert im Sommer spielen – so etwas wie eine Jahresabschlussshow, nur eben mitten im Jahr. Sänger Mario Radetzky sagt dazu hinter verstecktem Grinsen: „Wir haben dieses Jahr gedacht: Wir feiern im Sommer ein Fest, alle zusammen. Weil komm, ganz ehrlich, Dienstag ist der beste Tag der Woche, um so etwas zu machen und zwei wunderbare Bands einzuladen, die geilerweise beide Zeit hatten.“
Statt findet das Spektakel anlässlich des Free and Easy Festivals in München, das jährlich im Backstage stattfindet und mehrere Wochen andauert. Bereits vor Einlass auf die Festivalarea ist die Schlange lang und die wartende Menge groß. Drinnen lichtet sich die Besucherzahl dann überschaubar, sodass das Warten nicht in einem überfüllten Menschenchaos endet. Vor der Halle, in der das liebevoll getaufte „SummerKAOS“ stattfinden soll, haben es sich bereits Fans gemütlich gemacht, um die ein oder anderen Flyer und Gespräche miteinander auszutauschen. Der Name SummerKAOS kommt hierbei nicht von ungefähr, trug das letzte Album der Blackout Problems noch den Namen KAOS. Kurz vor Einlass kommt dann noch ein Strom an Leuten dazu, Sänger Mario läuft mit einer Schüssel dampfender Nudeln vorbei und irgendwo wird gesungen. Fühlt sich schon fast familiär an – und dabei hat das Konzert noch nicht einmal begonnen. Noch herrscht sommerliche Wärme und unter den Pflanzenranken schwappt Gelächter hin und her.
Dann, Einlass. Die wartende Menge streckt sich ein letztes Mal, um dann die Halle zu inspizieren. Noch ziemlich leer, auf der Bühne sind schon einige Instrumente aufgebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite wird eine Menge Merch angeboten – selbst das durch zwei der Blackout Problems Mitglieder Mario Radetzky und Michael Dreilich gegründete Label und die dazugehörige Marke „Munich Warehouse“ ist mit Merch vertreten. Der Andrang ist groß. Die neuen Motive werden ausführlich betrachtet, aber auch der Merchandise der anderen Bands wird unter die Lupe genommen. Gesprächsfetzen über kommende Alben und vergangene Erlebnisse verirren sich in der Masse, untermalt durch aus den Boxen strömende Musik. Auch Kinder haben ihren Weg in die Halle gefunden – auf den Ohren riesige Ohrenschützer und am Körper stolz das Logo von Munich Warehouse tragend.
Durch die noch dunkle Halle, die durch die Lichter an der Decke und einen kleinen Spalt an warmen Sonnenlicht erleuchtet wird, kommt das Gefühl eines echten Konzertes auf; ganz schnell wird vergessen, dass es sich um ein Festival handelt. Es scheint fast so, als wären alle Besucher nur wegen den hier auftretenden Bands angereist und nicht wegen dem Festival an sich, was sich auch aus dem bunten Gemisch an Bandmerch schließen lässt.
Wir haben unser UNO-Spiel vergessen. Stattdessen vertreiben wir uns die Zeit mit Gesprächen, mit dem Wiedersehen von alten und dem Staunen über die vielen neuen Gesichter. Überraschend, wie viele Leute mir bekannt vorkommen – für Konzert sind aus allen erdenklichen Regionen Fans und Freunde angereist. So kommt es auch, dass die Spannung auf die sich schon bereit machenden Bands immer weiter wächst und die Luft erwartungsvoll knistert. Ein letzter Toilettengang, ein letzter Abstecher an der Bar oder ein letzter Abstecher bei Viva Con Agua und dann ist es auch schon bald so weit.
Bühne frei für Kind Kaputt heißt es dann! Mir ist die Alternative-Rock und Post-Hardcore Band bereits bekannt, was dem Großteil der Zuschauer aber nicht so geht. Für die ersten Songs bleibe ich in der ersten Reihe stehen, lasse meinen Blick über die Bühne schweifen und genieße die neuen sowie alten Songs. Halte es aber alsbald nicht mehr aus, als das Mädchen neben mir ihr Handy zückt und auf WhatsApp Textnachrichten beantwortet, anstatt der Band zu lauschen.
Der Moshpit zieht mich zu sich. Hier fühlt es sich gleich ganz anders an, denn die moshwütigen Zuschauer können die Zeilen zum Glück auch mitsingen. Eine Mischung aus Euphorie und Befangenheit macht sich breit. Verlorene Zeilen vertilgen energiegeladenes Drumming, lautes Gitarrengeschrammel legt sich auf nebelverhangene Gedanken. 30 Minuten des Abends sind Kind Kaputt als Gäste auf der Bühne und werden im Moshpit gefeiert wie Könige.
Standfest präsentieren sie besonders viele Songs von dem neuen Album „Zerfall“, das im März 2019 das Licht der Welt erblickte. Zu jedem Song kann mehr oder weniger erfolgreich gemosht werden. Außenrum wird Platz gemacht, aus Angst vor Schrammen. Hoffentlich taut sich das noch auf, denke ich mir. Das textsichere Achtel der Besucher schreckt vor diesen Schrammen zumindest nicht zurück und bleibt alles andere als still stehen. Lange, blonde Haare fliegen umher, werden sich aus dem Gesicht gewischt und verschwimmen zu einem Farbflecken. In Lederjacke gekleidete Gepiercte springen unschlüssig auf der Stelle hin und her. Im Herzen des Pits wird sich freudig hin- und her geschubst, der eigenen Euphorie wird durch wildes Tanzen kundgetan.
Auch auf der Bühne wird nicht nachgelassen. Mit voller Power bahnen sich die Songfetzten ihren Weg in die Köpfe und Geister der Besucher, bilden zusammen ein Gesamtwerk, das den Titel „Zerfall“ trägt. Kind Kaputt freuen sich merklich über die Einladung und über die zur frühen Stunde versammelte Menge. Sänger und Gitarrist Johannes Prautzsch bedankt sich mehrmals ehrfürchtig, vermittelt ein wohliges Gefühl verworrener Sicherheit.
Die nächste Band nennt sich Youth Okay, herausgewachsen aus Naked Superhero. 45 Minuten Spielzeit werden ihnen zugeschrieben, die sie mit euphorischen Klängen und lauten Frequenzen füllen. Bekannt ist mir die Band nur aus den Erzählungen einer mich begleitenden Freundin, aber allein die Sticker wirken so ausgecheckt, dass man der Band eine Chance lassen muss. Und die haben sie sich auch redlich verdient – bei Youth Okay erwartet den Hörer eine Ladung geballte Energie, die die sechs Musiker voller Leidenschaft in den Raum feuern. Nach wenigen Tönen kristallisiert sich eine Trompete und eine Posaune hervor, die in Effektpedale gejagt worden sind und somit den klangkräftigen Charakter der Band untermalen. Gespielt von Leonard „Leo“ Schulz und Christoph „Kritschtn“ Treuberg wird den Blasinstrumenten ein neues Gewand eingehaucht. Aufregend und so noch nie gehört.
Sie nehmen die ganze Bühne ein und lassen keinen Zentimeter Platz in ihren 45 Minuten: es wird sofort klar, dass diese Zeit den Münchnern gehört. Eine Hand am Mikrofon und die andere stets auffordernd in Richtung des Publikums gestreckt, schleudert Sänger Daniel Fahrländer Zeilen in die Menge. Die einerseits so schmerzvoll sind, dass man weghören möchte, aber andererseits so selbstreflektiert, dass man gar nicht anders kann, als seinem Mund zu folgen.
Die Band hat sich in München schon eine angenehme Hörerschaft erspielt – zurückzuführen auf die Bandgeschichte – und so kommt es, dass alsbald eine Menge blauer Knicklichter durch die Hände gehen mit der Botschaft, diese bei der neuen Single „Quite A Lot Alone“ hochzuhalten. Das funktioniert eher schlecht als recht, aber zumindest ist das Publikum nun ganz in blau geschmückt. Die Farbe, die die Band am Besten beschreibt, wie mir später erklärt wird. Die ganze Halle ist in den Blau verziert: Die Knicklichter stecken in Haaren, Kleidungsstücken, in Rucksäcken oder wirbeln im Moshpit umher. Aber trotzdem eine süße Aktion, die mich genauso wie der Song in den Bann zieht. Dauerohrwurm, den wir noch auf dem Weg zurück zum Hostel nicht loswerden. Von Song zu Song scheint die Stimmung ausgelassener zu werden, bis sie in den letzten Songs funkensprühend ihren Ausklang findet. Genauso wie die Stimmung wächst der Moshpit – eine sehr verlässliche Einheit, um die Stimmung einer Rockshow zu definieren, finde ich. Immer mehr strahlende Gesichter springen auf und ab, die Zahl der steifen Körper reduziert sich und zurück bleiben wippende Füße, schnell schlagende Herzen und gedankenverloren zuckende Köpfe.
Youth Okay wissen die Stimmung perfekt einzufangen, setzten die obligatorischen Publikumsinteraktionen genau dann ein, wenn die Menge am Kochen ist. Von der Aufforderung zum gemeinsamen Singen bis zu diversen Springaktionen ist viel dabei. So fordert Daniel die Menge dazu auf, gemeinsam mit der Band in angegebene Richtungen zu springen – von links nach rechts und wieder zurück. Die Halle erbebt in ausgelassener Euphorie und einem nicht mehr zurückhaltbarem Tanzdrang. Na, wenn das mal kein gutes Aufwärmprogramm für die Headliner des Abends ist!
Die sich nach einer kurzen Umbaupause ankündigen – aber sich erst einmal Zeit und die Fans zappeln lassen. Aus den Boxen dröhnt nach verstummter Musik das Intro der neusten Single „Sorry“. Es läuft ab und Blackout Problems betreten die Bühne – euphorisch empfangen durch eine volle Halle, gefüllt mit Fans und Musikliebhabern. Wie es für die Band typisch ist, beginnt das Set nicht sofort – nach einem herausfordernden Grinsen stimmt Sänger und Gitarrist Mario Radetzky die Menge mit einem “Seid ihr mit uns, wenn wir für zwei Stunden komplett unseren Verstand verlieren? Seid ihr mit uns, wenn wir für zwei Stunden unsere Herzen aufmachen und alles reinlassen, was geht? Seid ihr mit uns, wenn wir für zwei Stunden zu einer großen, schwitzigen Masse verschmelzen?” ein.
Kein Wunder, dass daraufhin die Halle in lauten Jubel ausbricht und somit das leise Anzählen des ersten Songs vollkommen übertönt. Der wenige Sekunden später aus den Instrumenten und Mündern der Band herausbricht und sich als „How Are You Doing“ entpuppt. Blackout Problems wissen, wie man die Menge einnimmt. Binnen von Sekunden springen die ersten Besucher, textsicher fließen die Zeilen aus dem Mund der Menge. Natürlich darf zum Refrain hin ein Moshpit nicht fehlen – und Mario mittendrin. Heute scheint die Menge ihn besonders anzuziehen, denn bei so gut wie jedem Lied findet er sich auf dem Zuschauerboden wieder und suhlt sich in der Traube aus Aufmerksamkeit, die sich jedes Mal erneut um ihn bildet. Die Grenze zwischen Publikum und Band war von Anfang an nicht da, den Fans gehört die Bühne gleichermaßen wie der Band und auch das Publikum schreckt nicht davor zurück, das Quartett in ihren Reihen zu feiern. Innerhalb weniger Songs steigt die Raumtemperatur schon ungesund an. Es fühlt sich unwirklich an. Bald sind alle von einem leichtem Schweißfilm überzogen, der die Hitze nicht besser macht.
Die Höhendifferenz zwischen Boden und Bühne zu überwinden fällt leicht. Die Sekunden auf der Bühne brennen sich fest. Meine Freunde grinsen mir von irgendwo vor der Bühne zu, die unzähligen Leute, die ich in den letzten Stunden mehr oder weniger gut kennengelernt habe, singen euphorisch die Zeilen mit und strecken ihre Hände gen Bühne. Mario teilt sein Mikro für einige Zeilen mit mir. Im Moshpit entdecke ich zwei Freunde umher tanzend und kapiere, dass dieser Moment uns allen gehört. 120 Minuten, die wir alle gemeinsam teilen und jeder das für sich Richtigste verwirklichen kann. Ganz egal wie es sein mag. Das Besondere sind die vier Jungs auf der Bühne, die nicht nur den Anfangsbuchstaben meines Namens teilen, sondern auch meine größte Leidenschaft: die Musik, die wir zusammen erleben dürfen.
Weg von meinem emotionalen Geschwafel und wieder rein ins Geschehen, in dem Mario gerade zu „Gutterfriends“ auf dem Boden durch die Menge kriecht. Sein Shirt hat er schon lange verloren. „Come on Darling, take your shirt off“ flüstert er ins Mikro. Allzu gerne, denken sich die Besucher. Mit Shirt ist es im Moshpit kaum noch auszuhalten. Wie auch immer diese Band das schafft. Vielleicht liegt es an den feurigen Grooves. die Michael Dreilich aus seinem Schlagzeug feuert. Wäre es lebendig, würde es Feuer spucken. Vor meinen Augen verschwimmt die Realität. Kontrollverlust. Aber der Menge geht es genauso. Na gut, vielleicht bis auf diejenigen, die das Spektakel aus sicherer Entfernung beobachten. Aber sie müssen die fauchende Euphorie spüren, denn auch sie applaudieren angetan.
Vielleicht liegt die Euphorie am Bass von Marcus Schwarzbach, der dieses Mal unverschämt gut aussieht und mit dem schwarzen Hemd seines Besitzers hervorsticht. Der so sicher auf der Bühne steht, dass ihn nicht einmal ein auf die Bühne knallender Fan davon abhalten würde, den Klangteppich aufrecht zu erhalten. Besonders bei „Sorry“ wird seine Bassline in den Mittelpunkt gerückt und dröhnt in die empfindlichen Ohren der Besucher.
Ich staune über die Souveranität, mit der die Band abliefert. Wie glitzernde Felsen in der Brandung. Aber trotzdem wirkt das Set nicht aufgesetzt – immer wieder überrascht die Reihenfolge der Songs oder die Abänderung von den gewohnten Studio-KOmponenten. Besonders elektronisch lastige Songs wie „Kaos“ werden in die Länge gezogen, es scheint, als würde die Band auch live weiter herumschrauben, ohne sich dessen Konsequenz bewusst zu sein. Aber trotzdem fehlt es den Songs nicht an Stabilität, obwohl sie sich längst nicht mehr am gewohnten Gerüst festklammern. Losgelöst schweben die Melodien hin und her, spielen ein Spiel auf dem konsequenten Drumteppich und verlieren sich in heraus geschrienen Zeilen.
Mario lässt sich besonders viel Zeit mit seinen Ansagen, die immer länger werden, je weniger Kleidungsstücke er am Körper trägt. Keine Sorge, es bleibt nur bei oberkörperfrei, obwohl ihm die enge Hose von den Hüften zu rutschen droht. Eine seiner Anekdoten schweift zurück in die Vergangenheit der Band. „Als wir das allererste Mal hier im Backstage gespielt haben, haben wir da drüben im Club gespielt. Wir haben damals extra beim Emergenza mitgemacht und haben diese blöde Anmeldegebühr bezahlt, nur um einmal auf einer richtigen Bühne stehen zu dürfen. Wir haben an diesem Abend zwei Tickets verkauft – diese zwei Tickets gingen an meine Eltern.“
Den engen Kontakt zu den Hörern und Besuchern der Band untermalt er wie folgt: „Wir haben wirklich bei null angefangen und es war so eine wunderschöne Reise mit euch und euch alle kennenzulernen. Wir haben schon bei manchen, die heute hier sind, im Wohnzimmer gespielt, wir haben bei manchen im Keller gespielt. Manche von euch waren schon einmal bei uns im Proberaum und haben uns einfach nur zugeguckt. Wir haben euch alle auf irgendeinem Weg kennengelernt und es kommen immer wieder neue dazu. Es ist so eine großartige Familie geworden, für uns ist das so etwas großartiges, was hier passiert. Letztes Jahr im Technikum, heute hier, es ist unfassbar, was ihr uns gebt. Vielen vielen Dank dafür!“ Wenn das nicht mal das schönste Liebesgeständnis der Welt ist…
Das nächste Liebesgeständnis findet sich in „Limit“ wieder, der wegen seiner Zeile „No matter what it takes my friends, we came to raise the Limit“ schon dem ein oder anderen Freund gewidmet worden ist. Gefühle, Gefühle, Gefühle. Überall liegen sich Menschen in den Armen, filmen für ihre Liebsten zuhause mit und die Tränen stauen sich in flackernden Augen. Der Eindruck einer großen Familie, den Mario hervorgerufen hat, wird verstärkt. Wie eine wohlige Umarmung. Längst vergessen, welche Jahreszeit draußen herrscht, in der Halle ist es sowieso heißer als draußen an der sich langsam abkühlenden Sommerluft.
Für die nächsten Songs geht das Stimmungbarometer gen Decke, hüpft auf und ab wie die Menge im und um den Moshpit. Selten erlebt, dass Moshpit und Menge so miteinander verschmelzen. Kräftezerrend, aber dennoch genau das, was in dem Moment gebraucht wird. Oder an der Bar stehend, mit einem Bier in der Hand wippend. Blackout Problems freuen sich über jeden, der ihnen zuhört, ganz egal, in welchem Gemütszustand sich diese Person befindet.
Moritz Hammrich, Gitarrist und Background Sänger, tanzt trotzdem wie wild auf der Bühne hin und her. Zeigt seinen berüchtigten „Mo-Move“ und droht in einem Bad voller Glückshormonen auszurutschen. Als Reaktion auf seine Energie sieht man im Publikum weit aufgerissene Münder und zitternde Körper. Die drohen, vor der Last der auf sie einprasselnden Gefühle und vor der Wucht der Energie einzuknicken, aber durch einen stetigen Kick an Endorphinen immer weiter springen.
Obwohl sie zwei Stunden Zeit haben, spielt das Quartett aus München trotzdem nur um die 17 Songs. Was vielleicht auch besser so ist – denn auch mit der Anzahl an Songs sei es die heißeste und anstrengendste Show, wie Michael mir später verrät. Aber trotzdem herrscht durchgehend geballte Energie, die nur durch die Ansagen Mario’s unterbrochen wird. Während denen fast andächtige Stille herrscht, kontrastierend zu dem lodernden Applaus, der immer wieder ausbricht. Ich bade mich in gefühlsvollen Worten, ehrlichen Zeilen und packenden Rhythmen.
Blackout Problems sind nach wie vor eine der einzigen Bands, die die Nähe zum Publikum wirklich ausleben. Sei es, wenn Mario wieder und wieder in der Menge verschwindet, wenn einer der zahlreichen Stagediver falsch abspringt und mit den Worten „So geht man nicht von der Bühne. Komm wieder her! Das ist dein Moment.“ wieder zurück auf die Bühne geholt wird, oder wenn Mario zu „Rome“ über der Menge steht. Mit Sorry der jüngste Song der Bandgeschichte, bildet der hymnenhafte Song den Abschluss des Sets. Zieht sich unglaublich in die Länge, strapaziert die Lungen der Besucher und die Ausdauer der Band ins Enorme. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie viele Refrains gespielt werden. Bevor das langweilig wird, steht Mario plötzlich auf dem Balkon über der Menge. Gespannt, was der Sänger und Gitarrist vorhaben könnte, wenden sich die Gesichter in seine Richtung, was er mit einem Grinsen und einem lauernden „Jetzt seid ihr dran!“ quittiert. Mühselig klettert er über das Geländer; die einzigen Kontaktpunkte sind seine Füße und sein einer Arm. Die Zuschauer verstehen: schnell wird aneinander gerückt, bis kein Zentimeter Platz mehr zwischen verschwitzten Körpern besteht und ein Teppich aus Händen gebildet. 3,2,1. Es vergehen gefühlt Minuten, bis Mario aufkommt. Die Spannung zum Greifen nah. Löst sich auf, als Mario sicher auf den Händen der Menge aufkommt und zur Bühne getragen wird. Würdevoll spielt die Band den letzten Refrain, die Abschlussakkorde und Michael platziert den letzten Schlag.
Einen Ausblick auf 2020 gibt es auch schon, wie Mario unter lautem Jubel preisgibt: „Im Sinne von uns allen würden wir anfangen, ein neues Album zu schreiben. Album fucking Nummer 3! Wir haben vor, ein Album zu schreiben, auf dem wir uns komplett frei machen von allem, von jeglichem blöden Genre, egal was. Wir wollen einfach nur das tun, worauf wir Bock haben, wir haben Bock es weiter zu pushen und in neue Richtungen zu gehen. Die Boundaries pushen, pushen, pushen und irgendwo rauskommen, wo wir vorher noch nicht waren. Und wir würden euch alle so wahnsinnig gerne mitnehmen. Und wir würden euch dieses Album, das euch sagen soll, dass ihr alles erreichen könnt, was ihr wollt, dieses Album wollen wir euch bei einem Traum von uns allen vorstellen und wir fragen euch jetzt, ob ihr mit dabei seid und auch Freunde mitbringt. Seid ihr nächstes Jahr mit uns in der Muffathalle?!” Gesagt, getan – Tickets für die Show in der Muffathalle gibt es seit letzter Woche auf Eventim, als Abschluss einer viertägigen Tour durch Berlin, Hamburg, Köln und dann schließlich München.
Sendung vom 23.12.2019: https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/rockpalast/video-blackout-problems—palladium-koeln–100.html via WDR